Pumpspender können zur Keimschleuder werden, obwohl sie eigentlich für Sauberkeit sorgen sollen. Eine wissenschaftliche Studie zeigt: 70 Prozent aller untersuchten Pumpspender waren mit resistenten Bakterien kontaminiert.
Seifenspender gelten als Sinnbild der Hygiene und stehen in Badezimmern, Küchen und öffentlichen Waschräumen als vermeintliche Bollwerke gegen Keime. Doch ausgerechnet die weitverbreiteten Pumpspender können unter bestimmten Umständen dazu beitragen, dass sich Krankheitserreger verbreiten anstatt sie zu bekämpfen. Der Grund liegt im oft übersehenen Phänomen des Rückflusses und der Biofilmbildung. Eine aktuelle mikrobiologische Studie der Hochschule Rhein-Waal unter Professor Dr. Dirk Bockmühl untersuchte 104 Seifenspender aus deutschen Hotelzimmern und stellte fest, dass 70,2 Prozent der 57 beprobten Pumpspender mit resistenten Bakterien kontaminiert waren. Diese erschreckende Quote zeigt, dass das Problem weit verbreitet ist und nicht nur Privathaushalte betrifft, sondern überall dort auftritt, wo Menschen ihre Hände reinigen möchten.
Bakterienwachstum durch Rückflussmechanismus in Pumpspendern
Der technische Aufbau gängiger Pumpspender ermöglicht eine Funktion, die zwar ergonomisch und kostengünstig ist, mikrobiologisch aber problematisch: Bei jedem Drücken wird Seife durch das Steigrohr nach oben gedrückt und durch die Öffnung entnommen. Alles, was in dieser Bewegung nicht vollständig ausgestoßen wird, kann durch die Kapillarwirkung und das Entspannungsvakuum wieder zurückfließen – samt Hautpartikeln, Feuchtigkeit und Mikroorganismen von der Handoberfläche.
Wie Professor Bockmühl in seiner Studie erklärte: „Bei den gängigen Pumpspendern gelangt durch die Betätigung der Pumpe mehr oder weniger schmutzige Flüssigkeit von der Hand in die Seife. Bakterien können über die Ventilfunktion der Pumpen in die Flüssigseife gelangen.“ Die Untersuchung bestätigte, dass durch die Bauart vieler Mehrweg-Pump-Spender kleine Mengen Händewaschwasser in den Seifenspender laufen und dadurch den Inhalt verunreinigen.
Dieser Rücksogeffekt ist in mehrfacher Hinsicht kritisch: Er begünstigt das Eindringen von Wasser und Hautbakterien in den Seifenbehälter, schafft eine permanente Feuchtigkeitsbrücke für mikrobielles Wachstum und ermöglicht die Etablierung stabiler Biofilme, insbesondere am Innenrand des Aufsteigrohrs. Besonders problematisch ist, dass dieser Vorgang für das Auge unsichtbar bleibt, da die Seife äußerlich sauber wirkt.
Biofilmbildung als hartnäckiges Hygieneproblem
Ein zentrales Problem im Inneren betroffener Spender ist nicht nur die Präsenz von einzelnen Bakterien, sondern deren Fähigkeit, sich als Biofilm zu organisieren – also in einer schleimartigen Matrix anzusiedeln, die sie vor chemischer wie thermischer Reinigung schützt. Die Forschung der Hochschule Rhein-Waal zeigte, dass manche Keime Biofilme bilden, die auch nach Verdünnung der Flüssigseife bestehen bleiben und unter günstigen Bedingungen weiterwachsen können.
Diese Biofilme lagern sich an den Innenwänden der Seifenbehälter oder an den Komponenten des Fördersystems an. Im Unterschied zu freischwimmenden Keimen sind sie durch klassische Reinigungsmethoden kaum zu entfernen, solange sie nicht gezielt aufgebrochen und abgetragen werden. Die Wissenschaftler bezeichnen sie als „sehr widerstandsfähig“ und erklären, dass sie sich „nur sehr schwer abwaschen oder abtöten“ lassen.
Diese Eigenschaft macht Biofilme zu einem besonders hartnäckigen hygienischen Problem. Selbst antibakterielle Seifen verlieren in Gegenwart eines etablierten Biofilms ihre Wirkung, da die schützende Matrix der Mikroorganismen wie ein Schutzschild wirkt. Der scheinbar saubere Seifenspender wird so zu einer dauerhaften Quelle für Keime, die bei jeder Nutzung weitergegeben werden können.
Nachfüllen ist nicht das Hauptproblem
Interessant ist, was die Studie nicht fand: Anders als ursprünglich vermutet, stellt der Nachfüllprozess selbst unter normalen hygienischen Bedingungen tatsächlich kein Problem dar. Professor Bockmühl stellte klar: „Der Nachfüllprozess selbst stellt unter normalen hygienischen Bedingungen tatsächlich kein Problem dar.“ Die ursprüngliche Hypothese der Forscher, dass vor allem das Nachfüllen ein Risiko darstelle, wurde durch die Untersuchung widerlegt.
Das Problem liegt vielmehr in der Konstruktion der Spendersysteme selbst. Tropfen von den Händen gelangen bei vielen Seifenspendern mit Pumpsystem direkt zur Flüssigseife im Inneren – und das bei jeder normalen Nutzung, nicht erst beim Nachfüllen. Diese Erkenntnis ist wichtig, denn sie zeigt: Selbst bei sorgfältigster Nachfüllhygiene bleibt das strukturelle Problem bestehen.
Pressspender als hygienische Alternative zu Pumpspendern
Die Hochschule Rhein-Waal konnte in ihrer systematischen Untersuchung nachweisen, dass sogenannte Pressspender – also Spender, bei denen auf einer flexiblen Flasche gedrückt wird, anstatt eine Düse mit Unterdruckmechanismus zu betätigen – deutlich weniger kontaminiert sind. Während 70,2 Prozent der Pumpspender Bakterien aufwiesen, waren es bei den Pressspendern nur 10,6 Prozent.
Der Grund für diese dramatische Verbesserung liegt im Design: Beim Presssystem kann keine Flüssigkeit von oben eindringen – die Seife kommt unten heraus und das Wasser an den Händen tropft unten am Behälter ab. Dies macht die getesteten Press-Seifenspender wesentlich hygienischer als viele der Seifenpumpen.
Für Haushalte bietet sich damit eine einfache Möglichkeit zum Gerätewechsel. Pressspender sind kostengünstig im Einzelhandel erhältlich, nachfüllbar oder austauschbar, technisch ausfallsicher da ohne bewegliche Teile im Inneren und nachweislich hygienischer als ihre Pump-Alternativen. Wer das Design beibehalten möchte, findet mittlerweile auch elegantere Varianten aus Glas oder Edelstahl mit Pressfunktion.
Regelmäßige Reinigung von Pumpspender-Systemen
Für alle, die Pumpspender nicht sofort austauschen möchten, sorgt ein regelmäßiger, bewusster Reinigungsturnus für entscheidend bessere Bedingungen. Das Risiko der Biofilmbildung steigt, wenn Seife über einen längeren Zeitraum im selben Spender verbleibt, ohne dass dieser regelmäßig und gründlich gereinigt wird.
Ein systematisches Vorgehen kann hier Abhilfe schaffen:
- Alle 2-3 Wochen komplette Entleerung und Reinigung des Spenders
- Spülen mit heißem Wasser, um thermisch empfindliche Biofilme zu zerstören
- Desinfektion mit hochprozentigem Alkohol kontaktzeitgerecht anwenden
- Vollständiges Trocknen vor Neubefüllung – Restfeuchte kann Biofilme wiederbeleben
Idealerweise verwendet man diesen Rhythmus auch bei antibakteriellen Seifen – denn auch diese können bei langem Stillstand zur Keimquelle mutieren, wenn sich Biofilme ansiedeln.
Seifenauswahl beeinflusst Kontaminationsrisiko
Nicht jede Seife ist gleich anfällig für bakterielle Kontamination. Die praktische Erfahrung zeigt, dass verschiedene Seifentypen unterschiedlich reagieren: Klare Flüssigseifen mit hohen Wasseranteilen bieten weniger Widerstand gegen bakterielle Besiedlung, zuckerhaltige oder hautpflegende Zusätze können das mikrobielles Wachstum zusätzlich fördern, während geleeartige oder schaumstabilisierte Seifen mechanisch schwerer zurückfließen und dadurch das Risiko reduzieren.
Wer also weiterhin Pumpspender nutzt, sollte eine viskosere, möglichst parfümfreie Seife mit geringem Zuckergehalt wählen. Diese sind aus mikrobiologischer Sicht am sichersten – besonders im sensiblen Einsatzumfeld wie Haushalten mit Kleinkindern, immungeschwächten Personen oder in der Küche bei der Verarbeitung roher Fleischprodukte.
Küche als kritischer Einsatzort für Seifenspender
Was im Badezimmer beginnt, wird in der Küche noch gravierender. Hier wird zwischen Handhygiene, Rohkostverarbeitung und tierischen Produkten gewechselt – oft im Minutentakt. Pumpspender, die in unmittelbarer Nähe zur Spüle stehen, sind häufig Spritzwasser, Eiweißrückständen und fettigen Aerosolen ausgesetzt. Eben diese Bedingungen schaffen ideale Nährböden für Mikroben und verstärken das Rückflussrisiko.
Die Kombination aus häufiger Nutzung, wechselnden Kontaminationsquellen und der Nähe zu Lebensmitteln macht die Küche zu einem besonders kritischen Einsatzort für Pumpspender. Hier zeigt sich der Vorteil von Pressspendern oder anderen rückflusssicheren Systemen besonders deutlich. Einige Haushalte wechseln deshalb zu sensorbasierten Touchless-Spendern – doch auch diese arbeiten meist intern mit einem Pumpmechanismus.
Moderne Spender-Technologien mit antimikrobiellem Design
Inzwischen gibt es Produktlösungen, die auf Basis der beschriebenen Probleme keimarme Spendertechnologien entwickeln. Diese Innovationen setzen insbesondere auf Einwegkartuschen-Systeme, die nach Verbrauch komplett entsorgt werden, Silikonventile mit Rückschlagmechanismus, die das Einsaugen von Rückflüssigkeit verhindern, antimikrobielle Materialien in Innenkomponenten, die das Bakterienwachstum hemmen, sowie UV-basierte Selbstdesinfektion in High-End-Sensorautomaten.
Für den Privathaushalt mögen diese Lösungen noch überdimensioniert erscheinen – doch in Mietobjekten, Wohngemeinschaften oder Haushalten mit pflegebedürftigen Personen können sie auf lange Sicht wirtschaftlich sinnvoller und deutlich keimärmer sein als herkömmliche Systeme.
Wissenschaftlich fundierte Hygiene statt intuitiver Sauberkeit
Ein interessanter Aspekt der Problematik liegt in der menschlichen Wahrnehmung: Seifenspender werden intuitiv als sauber wahrgenommen, schließlich enthalten sie ein Reinigungsmittel. Diese mentale Verknüpfung führt dazu, dass die meisten Menschen nie auf die Idee kommen, den Spender selbst als potenzielle Keimquelle zu betrachten.
Die Hochschule Rhein-Waal hat mit ihrer Studie gezeigt, dass diese intuitive Annahme trügerisch ist. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse fordern unser Verständnis von Hygiene heraus und machen deutlich: Auch Reinigungsgeräte selbst können zu Kontaminationsquellen werden, wenn ihre Konstruktion oder Wartung mangelhaft ist.
Entscheidend bei der Bekämpfung von Keimquellen im Haushalt ist nicht das Produkt allein, sondern die Kombination aus Technik, Nutzungsdauer und Wartung. Gerade der Pumpspender wird oft intuitiv als wartungsfreies Gerät behandelt – obwohl sein Mechanismus aktiv zur Bakterienakkumulation beitragen kann. Die Forschungsergebnisse zeigen deutlich: Wer das Problem systemisch betrachtet, schafft neue Standards im Kleinen, die das ganze Hygieneumfeld verbessern. Der Wechsel zu Pressspendern, die Einführung klarer Reinigungsintervalle oder die Auswahl geeigneter Seifen sind essenzielle Hygieneschritte, gestützt auf mikrobiologische Erkenntnisse. Mit einer Kontaminationsrate von über 70 Prozent bei Pumpspendern gegenüber nur etwa 10 Prozent bei Pressspendern ist die Evidenz eindeutig: Die Wahl des richtigen Spendersystems kann einen dramatischen Unterschied für die Hygiene machen.
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